Kennst du das Land, wo du gestorben bist? Wo die Sonne aufgeht, als sei alles bloß ein Kinderspiel, wo früh am Morgen Nebel durch die verschlafenen Straßen der Stadt zieht wie das Lied eines Betrunkenen. Vögel auf den Dächern der Häuser, gefangen im Traum von schwereloser Ferne. Wo es bei Einbruch der Nacht Licht aus halb geöffneten Fenstern regnet. Worte, Musik einer unbewohnbaren Welt. Man sieht dem Tod nicht in die Augen, ohne zu erblinden. Und man steigt nicht ins Wasser, um an der Oberfläche zu bleiben. Ich tauche ein in den Gesang der Vergänglichkeit, hier, wo die Zeit stillsteht.
Schlagwort: Stadt
Frisch gewaschen
Frisch gewaschen auf dem Weg in die Stadt Gottes, unschuldig wie ein Stück Seife. Nur schnell das weiße Gewand übergeworfen und auf den fahrenden Zug gesprungen. Oder einfach nur über die Schwelle geschritten, vielleicht die Leiter hinauf. Alle Wege führen zu dir. Hell erleuchtet von Hoffnung und Zuversicht, wie eine Sonne, die zu den Menschen herabsteigt, still und überwältigend – wie ein Gewitter auf Zehenspitzen: das reinste Verderben.
Ausnahmezustand
Ausnahmezustand in den Adern dieser Stadt, die von unverkäuflichen Erinnerungen lebt, Souvenirs, die keiner haben will, von Bildern, die längst wirklicher sind als das Leben selbst. Von welchem Leben überhaupt ist die Rede? Wo doch das Lebendigste ein kaum wahrnehmbares Flimmern ist, bei großer Hitze über dem Asphalt der Straßen. Oder früh am Morgen der resignierte Gesang einer verirrten Amsel. Vielleicht die laue Brise in den vertrockneten Zweigen einer Platane. Oder auch das lange Schweigen eines einsamen Spaziergängers ohne Ziel. Ausnahmezustand oder Winterschlussverkauf? Die Begriffe sind beliebig. In die blaue Tiefe des Himmels eingeritzt die endlosen Kreise eines Falken. Vor der Tür unseres Hauses kommt es zum Eklat: die Magnolie wirft mit tödlichen Sternen – rette sich, wer kann.