Sprich diese Sprache, die niemand versteht. Sag, was du willst, erzähle es jedem, der es nicht hören will. Nicht jede Stimme findet die richtigen Ohren, dennoch, ein wenig kommt an, dringt durch Wände, bahnt sich einen Weg, fast ein Geräusch, das keiner bemerkt, ein Rauschen, tief im Innern eines Steins. Lege deinen Kopf auf dieses Grab: irgendwo darin schlummern deine letzten Worte.
Schlagwort: Grab
Schon wieder
Schon wieder am Ende eines Tages angelangt, der so wenig wirklich war wie die versteinerte Wolke in meinem Mund. So bedeutungslos wie der Staub unter meinen Fingernägeln, das Lachen eines Engels, gefangen in meiner geballten Faust. Dieser Tag, der auf Zehenspitzen rückwärts ging, der mit toten Augen durch mich hindurchsah, der mich in den Armen hielt wie ein schlafendes Kind. Nun, da es endet, da Müdigkeit das Blut aus meinen Adern saugt, Dunkelheit mich umgibt wie ein Grab – nun wird mir klar, dass es niemals einen Anfang gab. Und dieser Tag war nichts weiter als ein Funke ohne Feuer.
Fluch oder Segen
Fluch oder Segen – oder vielleicht keines von beiden, bloß die belanglose Gleichgültigkeit tagein und tagaus, das leere Gerede von Sinn und Bedeutung, derselbe Horizont, wohin man auch schaut, der stets gleiche Klang deiner Schritte, wohin du auch gehst, wie weit der Weg auch sein mag, wie nah oder fern dein Ziel. Kein Himmel, der dich verstößt, kein Meer, das dich verschlingt. Blumen auf deinem Grab wie offene Wunden, aber kein Herz, das für dich verblutet.
Keine Angst
Keine Angst, nichts ist, wie es scheint, die Sonne regnet, die Kälte wärmt, die Stille erzählt dir Geschichten – in einer fremden Sprache. Keine Angst im Augenblick des Erwachens. Du weißt, dass du lebendig begraben bist, ein unbekanntes Wort in einem verschlossenen Mund, grundlos zum Schweigen verurteilt, unschuldig. In Gedanken bist du bei mir. Nichts, denkst du, kann uns trennen. Wir sind uns nah. Wir sind eins. Du weißt, dass es gelogen ist. Keine Angst, selbst diese Lüge ist an den Haaren herbeigezogen.
Der Griff zum Stift
Der Griff zum Stift wie der Gang in eine Grabkammer. Die Wände mit Schriftzeichen übersät: Geschichten der Toten – für wen? Als würde die Zeit selbst gesprächig, unaufhörlich plappernd, eine schwätzende Zeitmaschine. Still und leise dagegen der bestialische Geruch der Fledermäuse. Ich steige hinab in diesen schwarzen Schacht, auf der Suche nach einer Leiche, nach einem Weg aus dem Labyrinth, auf der Suche nach einem Fenster. Je weiter ich vordringe, desto fremder erscheint mir jene Welt, die ich hinter mir ließ.