An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter, wenn die Welt im Schnee versinkt, wenn alles, was wir wissen, was wir erschaffen, im Eis begraben wird, alles Denken erfriert. Wenn unser Leben unbewohnbar wird, weil alles, was wir zu kennen glaubten, fremd geworden ist. Wenn einfach alles vorbei ist, weil wir die Kälte nicht mehr ertragen, die wir immer schon spürten, tief in uns, im Innersten unseres Wesens. Vielleicht geht an einem solchen Tag anderswo die Sonne auf, eine Sonne, die zu weit entfernt ist, um einen Namen zu besitzen, ganz zaghaft, ein Hauch nur von Wärme und Licht auf der Haut eines einsamen Steins.

Unberührbar

Unberührbar, was ich morgen tun werde, was ich denke, was ich will, und doch wirklich genug, um meinen Namen zu tragen. Ohne Bedeutung vielleicht und unbestimmt, zugleich so sicher wie die Wolken am Himmel oder der Wind in den Gräsern. Oder eben doch beliebig. Was weiß ich schon von mir selbst? Von meinem Handeln? Von all dem, was in mir verborgen bleibt, niemals das Licht der Welt erblickt? Blind bin ich, Fremder in einem unentdeckten Land. An guten Tagen bin ich nirgends zu Hause. Immer schon fort, ein Schatten auf der Durchreise.

Ozean

Ozean meiner Gedanken, still und unbewegt im einen Moment, aufgewühlt und wild im anderen. Mein Denken verborgen in unendlicher Tiefe, nur ab und zu ein Fragment, das als Strudel emporsteigt, als kleine Woge oder salziger Schaum – unbegreiflich wie eine Sprache im Gewirr sinnloser Laute. Nichts als Rauschen auf dem Grund einer Muschel: vertraut und unbekannt zugleich. Niemand hört zu, niemand sieht hin. Und doch ist es gegenwärtig. Unbewohnt dieses dunkle Meer, aber lebendig, bevölkert von den Möglichkeiten eines unvollendeten Lebens.

Nur keine Eile

Nur keine Eile bei allem, was du ohnehin nicht tust, bei allem, was du versäumst, was du vergisst. Unendlich viel, das unerledigt bleibt, manches nicht einmal begonnen. Die Wirklichkeit so armselig, gefangen in deinem Denken – wie in einer Gruft. Ruhe sanft, während das Leben an dir vorüberzieht. Niemand stört deinen Dornröschenschlaf. Was du für dich behältst, kann keiner dir nehmen. Was du nicht von dir gibst, wird niemals vergehen. Schließlich wirst du gar nicht gewesen sein: keine Spuren im Sand – darauf kommt es doch an.

Tag ohne Licht

Tag ohne Licht – mein Leben nur ein Schatten deines Fernbleibens, ein dunkler Fleck auf diesem weißen Blatt Papier. Ich vermisse dich nicht, ich erkranke an deiner Abwesenheit, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Um ehrlich zu sein, bemerke ich es nicht einmal – ich lausche bloß dem Geflüster in mir, den Gerüchten, die sich im stickigen Dunkel meines Körpers fortpflanzen. Kein Schmerz, nur die dumpfe Taubheit meines Denkens. Ein schwarzes Loch, wo zuvor die Sonne schien, irgendwo in mir oder am Ende der Welt. Diese sinnlose Finsternis lockt mich in ihren Abgrund, verschluckt mich, dieses unaussprechliche Wort ohne Bedeutung.

Kraftlose Schönheit

Kraftlose Schönheit unter freiem Himmel. Die Armseligkeit meines Denkens, so fern der Heimat. Auf dieser Seite des Spiegels bin ich ein Fremder, den Menschen ein Rätsel, ohne Gesicht, namenlos, Sand in den Händen des einen Gottes, der mich vergisst, noch während er mich ansieht. Lichtjahre sind es, die uns trennen – in völliger Finsternis.